Die Feiertage rund um Ganesh liegen nun hinter mir und der Alltag ist an ihre Stelle getreten. In den Klassen hat sich soweit nicht viel verändert. Es ist meistens noch genauso laut, wie am Anfang. Dennoch beklage ich mich nicht, denn ich weiß, dass sich das alles mit der Zeit ergeben wird. Das war bisher immer so. Hab heute zum ersten Mal Hausaufgaben nachgeschaut, dabei ist mir eines klar geworden: Ich werde zukünftig weniger aufgeben! Denn alles was ich aufgebe muss ich auch kontrollieren und berichtigen. Wenn ich weniger aufgebe, freuen sich die Kinder und ich habe mehr Zeit zum Lesen, was bei Regen echt herrlich ist. Nun kann man natürlich sagen, dass das etwas egoistisch ist, da bekanntlich die Kinder in der Schule etwas lernen sollen. Dennoch ist mir hier schon anfangs etwas klar geworden: Ich darf meine Erwartungen nicht zu hoch stellen. Die Kinder, die beispielsweise in der dritten Klasse sind, sind in einem Alter, in dem wir gerade mal erst eingeschult werden. Dort mit Satzbau und „son Zeug“ anzufangen, macht nicht viel Sinn, zumal ich gar nicht weiß, in welchem Alter ich das überhaupt gelernt habe.
Nachdem ich vergangene Woche so begeistert aus Dharwad zurückgekehrt war, wo ich den Start des Ganesh Festes miterlebt hatte, gab das den Anreiz dazu, dass Paul und Frederik so etwas auch erleben wollten. Am Sonntag waren wir ins Kino eingeladen worden, sodass wir das damit verbanden.
Jetzt war da ja noch die Sache mit Ganesh. Nach dem Kino machten wir, wie immer wenn wir in Dharwad sind, ein paar essenstechnische Besorgungen. In diesem Zusammenhang muss ich erwähnen, dass es mir gesundheitlich, schon den gesamten Tag über, alles andere als gut ging. Magendarmprobleme plagten mich schon seitdem wir nach Dharwad aufgebrochen waren. Nach dem Einkaufen trafen wir uns mit Yashwad, einem guten Bekannten aus der Schule, der im Büro arbeitet. Wir besuchten Orte, an denen Abbilder des/der Ganesh standen, die von den umliegenden Bewohnern faszinierend geschmückt worden waren. Dort bekam man den typischen (mega dekorativen) Punkt auf die Stirn und immer etwas Süßes. Der faszinierendste Ort war eine große Statue, wo man hineingehen und ein kleines Theaterstück über den Gott Ganesh (der für Intelligenz steht) betrachten konnte. Drinnen wurden die Frauen von den Männern getrennt und es war alles sehr eng, sodass man stark zusammengedrängt dastand. Ich stand hinter Frederik und Paul an einer der Barrikaden, die die Männer von den Frauen trennten. Es war sehr stickig und warm. Während des Theaterstücks kämpfte ich mit meinem Darm, sodass ich nicht viel davon mitbekam. Gegen Ende der Vorstellung fing mein Körper in der Darmgegend an weh zu tun. Mir wurde schwindelig und plötzlich wurde alles weiß und ein rauschen erfüllte meine Ohren. Ich spürte, dass ich unkontrolliert fiel und hart auf den Boden aufprallte. Dann war alles schwarz. Als ich wieder zu mir kam lag ich seitwärts auf dem Boden. Die Vorstellung war scheinbar vorbei und ein Teil der Leute war bereits draußen, bis auf eine Gruppen von Indern die mich immer wieder ansprachen: “What happend?“ Ich war in diesem Moment nicht fähig Englisch zu sprechen. Das einzige was mir einfiel war: „I don’t know.“ Man stützte mich beim hinauslaufen und brachte mich zu Paul, Yashwad und Frederik, die von dem gesamten Vorfall nichts mitbekommen hatte, da diese vor mir standen und mich beim hinauslaufen nicht gesehen hatten, da ich ja am Boden lag. Sie dachten ich sei bereits draußen. Sie brachten mich zu einem Imbissstand, wo in Teig frittierte Peperoni oder Ähnliches verkauft wird. Dort konnte ich mich setzen und erstmal Wasser trinken. Als es mir schließlich etwas besser ging, gingen wir in ein Restaurant, wo ich zu allererst ein Badezimmer besuchte und mich danach mit Tee und einem Gebäck stärkte. Mir ist noch nie schwarz vor den Augen geworden, doch in diesem provisorischen Theater geschah es und ich war alleine weit weg von zu Hause. Letztendlich kann ich sagen, dass dies, so komisch das auch klingen mag, eine besondere Erfahrung war, die ich nun nicht mehr missen möchte. Ich hatte keine Angst, obwohl ich auf mich allein gestellt war.
Den Rest des Tages versuchten wir noch vergeblich Knaller zu kaufen, da am Freitag Ganesh verabschiedet wird. Die Knaller bekamen wir einen Tag später. Zum Ausprobieren. Krasse Teile! Dagegen sind die Knaller, die in Deutschland verkauft werden, ein Witz. Jedoch sind die hier auch viel unberechenbarer und gefährlicher. Was ist noch erwähnenswert? Am Montag fand, völlig überraschend, der „Teachers Day“ statt. Dort wurden die Lehrer und Betreuer von den Schülern geehrt. Wir alle bekamen Umschläge mit einem Bonbon und einem selbstgemalten Bild. Außerdem wurde für uns gesungen und Gedichte wurden vorgetragen. Am Ende spielten wir noch, vor der gesamten Schule, „Reise nach Jerusalem“.
Indisches Kino….nun, wo fängt man da an? Hätte vor dem Eingang des Kinos nicht ein großes Plakat des Films „Bodyguard“ gehangen, so hätte ich auf den ersten Blick geglaubt, es sei der Eingang in eine Tiefgarage. Rechts neben dem Haupteingang, dessen Pforten ein herauf- und herunter fahrbares Gitter bildeten, wie es üblicherweise vor Tiefgaragen zu finden ist, stand ein winziges Kassenhäuschen. Dort wurden Karten verkauft, die aus ganz normalem Papier bestanden und an einer Seite leicht rosa angefärbt waren. An der Seite des Gitters am Haupteingang befand sich eine kleine Tür an der ein Mann stand, der die Karten kontrollierte. Nun, der Unterschied zu einer Tiefgarage bestand darin, dass es nicht bergab ging. Hinter dem Gitter führte rechts eine Treppe hoch und geradeaus befanden sich zwei Türen. Da es in diesem Kino nur einen Saal gibt, führten die Türen zum unteren Teil des Saales und rechts die Treppe hoch ging es zum sog. Balkon, dem oberen Teil des Saales. Da es nur einen Saal gibt, könnt ihr euch auch denken welchen Film wir gesehen haben. Richtig! „Bodyguard“. Bodyguard stellte sich als einen Bollywood Mix aus Actionfilm, Schnulze und Komödie heraus, wobei Letzteres eher vom eingefleischten Hollywood Zuschauer empfunden wurde. Die Actionszenen waren, möglicherweise bewusst, überzogen dargestellt worden, um den prollohaften Hauptdarsteller gut in Szene zu setzten, dennoch wirkten diese Szenen eher lachhaft. Die romantischen Szenen wurden so kitschig dargestellt, dass man sich halb blind erst einmal die Augen reiben musste, um für den Rest des Films sein Augenlicht zu behalten. Das einzige, was wirklich gut war, war die Musik, da diese immer absolut zu der jeweiligen Szene gepasst hat. Warum aber werde ich nun meinen ersten indischen Kinobesuch nicht vergessen? Mir ist an diesem Nachmittag eines klar geworden: Die Zuschauer machen das Kino zum Kino, so wie ein Fußballnachmittag von den Fußballfans abhängt. Die Atmosphäre im Kino war so viel anders zum „normalen“ Kino. Bei der ersten Szene des Hauptdarstellers brach das gesamte Kino in Jubel aus, wie bei einem Konzert, wenn die Band im Dunkeln der Bühne das erste Lied anstimmt. Ebenso die, für Bollywood Filme, typischen Tanz- und Gesangszenen wurden bejubelt. Während des Films, der auf Kannada war, wurden den Darstellern Aufforderungen oder andere Dinge zu gebrüllt. Diese gesamte Atomsphäre trug dazu bei, dass ich den Film doch auf irgendeine Weise mochte. Man kann also sagen, dass es definitiv ein Erlebnis war.
Heute ist Mittwoch der 07.09.11, mein sogenannter „Day-off“, und das Internet funktioniert mal wieder nicht. Deshalb kommt dieser Eintrag mal wieder mit Verspätung. Viele Grüße an alle, die meinen Blog verfolgen. Ich habe von meinen Eltern gehört, dass das doch so Einige sein sollen.
Julius
PS: Heute ist Samstag. Bilder und der nächste Eintrag folgen.
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